Immer noch hält sich das Gerücht, die Bundeskanzlerin werde im Herbst den iranischen Präsidenten empfangen. Das ist schon länger der Wunsch von Außenminister Steinmeier und Vizekanzler und Wirtschaftsminister Gabriel, aber bisher hatte die Kanzlerin diese Option abgelehnt.
Dafür gibt es gute Gründe. Der Iran wird von einem Regime regiert, das die Todesstrafe gerade in diesen Tagen exzessiv praktiziert und dessen Präsident Ruhani die Massenhinrichtungen verteidigt und religiös begründet. Allein deshalb sollte er nicht empfangen werden. Wirtschaftliche Beziehungen sollten überhaupt von einer Verbesserung der Menschenrechtslage im Iran abhängig gemacht werden. Von einer solchen kann im Iran nicht die Rede sein, die Menschenrechtslage ist vielmehr nach Einschätzung des Hohen Kommissars für Menschenrechte und vieler Menschenrechtsorganisationen katastrophal. Die Bundeskanzlerin sollte diesen Zustand nicht ignorieren.
Vermutlich wählt das iranische Regime Zeitpunkt und Intensität der Hinrichtungen danach aus, wie es in der westlichen Welt die größte Wirkung erzielt. Dazu dienen besondere Termine wie der islamische Tag der Menschenrechte oder der Christopher Street Day, der z. B. in Tel Aviv begangen wird. Die Gewaltsamkeit im Inneren kann auch die Antwort des Regimes auf anwachsende Kämpfe in kurdischen oder arabischen Gebieten sein. Möglich ist ferner, dass die Mullahs das Stagnieren ihres Engagements in Syrien, Irak oder Jemen dem eigenen Volk mit der Forcierung der Hinrichtungsmaschinerie "heimzahlen" – nicht ohne auf den Eindruck seiner perversen "Konsequenz" im Westen zu schielen.
Das qualvolle Erhängen wird als Strafe für sogenannte "Gotteslästerung" oder "Terrorismus" verhängt. Mit diesen Vorwänden sollen die ersichtlich politisch motivierten grauenvollen Verbrechen gerechtfertigt werden. Die beiden ersten Delikte dürfen nach dem Völkerrecht nicht mit der Todesstrafe bestraft werden. Gerade deshalb ist es dem Regime in Teheran wichtig, am islamischen Tag der Menschenrechte die Massenhinrichtungen zu vollstrecken. Dieses barbarische Vorgehen dient aber auch vorrangig der Abschreckung der demokratischen iranischen Opposition, die bisher den größten Blutzoll bezahlt hat.
Wer den IS bekämpft, kann nicht sein Gegenstück hofieren, den Gottesstaat Iran. Der Empfang des iranischen Präsidenten ist ersatzlos zu streichen, soll es auf glaubwürdige Politik ankommen. Die Kanzlerin hat die Verantwortung für die Sicherheit Israels als Teil der Staatsräson Deutschlands bezeichnet. Darum muss die permanente Drohung des iranischen Regimes, Israel zu vernichten, auf die deutsch-iranischen Beziehungen entscheidend einwirken. Die Werte der deutschen Demokratie basieren auf der Charta der Menschenrechte und dem internationalen Strafrecht; sie müssen Maßstab unserer Außenpolitik sein. Darum muss der Empfang von Präsident Ruhani ausgeschlossen werden, auch wenn wirtschaftliche Interessen einen solchen Kontakt nahelegen mögen. Aber auch das ist momentan nicht der Fall: Was an Abschlüssen zu erwarten wäre, wür-de sich nicht einmal auf 0,2 Prozent des deutschen Außenhandelsvolu-mens belaufen.
Der Autor, MdB/CDU, ist Mitgliedim Menschenrechtsausschuss des Bundestages. Er war Oberbürger-meister der Stadt Frankfurt (Oder).
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